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ألمانيا

DE004-j

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OLG Karlsruhe, 11.10.2023, 6 U 204/22 Kart – Standardessentielle Mobilfunknetz-Patente

de004-jde

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Gericht:

 OLG Karlsruhe Kartellsenat

Entscheidungsname:

 Standardessentielle Mobilfunknetz-Patente

Entscheidungsdatum:

 11.10.2023

Aktenzeichen:

 6 U 204/22 Kart

ECLI:

 ECLI:DE:OLGKARL:2023:1011.6U204.22KART.00

Dokumenttyp:

 Urteil

Quelle:

Normen:

 Art 2 AEUV, § 19 Abs 2 Nr 1 GWB, § 33 GWB

Verfahrensgang

vorgehend LG Mannheim, 31. Mai 2022, 2 O 130/20, Urteil
nachgehend BGH, kein Datum verfügbar, KZR 103/23

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 31.05.2022 – 2 O 130/20 – wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der durch die Nebeninterventionen verursachten Kosten.

III. Dieses und das in Ziffer I. genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des nach den Urteilen insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Streithelfer vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1 Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen angeblicher kartellrechtswidriger Diskriminierung auf Schadensersatz, Freistellung sowie Rückzahlung von Lizenzgebühren nebst Aufschlägen und Umsatzsteuer in Anspruch.

2 Die Klägerin betreibt ein Mobilfunknetzwerk (sog. Mobile Network Operator; MNO) mit Sitz in …. Sie verfügt über eine Tochtergesellschaft in den …, die …, die am 01.04.2020 mit dem … fusionierte.

3 Die Beklagte ist eine Patentverwertungsgesellschaft mit Sitz in …. Sie verfügt über ein Patentportfolio, welches nach ihren Angaben über 1.000 Patente aus dem Bereich der Mobilfunktechnik umfasst. Das Patentportfolio der Beklagten enthält insbesondere die nachfolgenden standardessentiellen Patentfamilien, wobei die Klägerin davon ausging und ausgeht, keine standardessentiellen Patente (SEP) der Beklagten tatsächlich zu nutzen bzw. genutzt zu haben (vgl. Abl. LG 311 Rn. 436 = Replik Rn. 436):

4 Patentfa- Gegenstand

milie

# 100 schützt den Zugang zum sogen. Random Access Channel (RACH) und umfasst u.a. das im Hinblick auf UMTS standardessentielle EP … mit der Bezeichnung "Verfahren zur Vergabe von Zugriffsrechten auf einen Telekommunikationskanal an Teilnehmerstationen eines Telekommunikationsnetzes und Teilnehmerstation". Aus einer Teilanmeldung resultierte die Patentfamilie.

# 100A betrifft die Versendung von Steuerdaten für den Zugriff auf den RACH.

# 114 schützt ein drahtloses Übertragungsverfahren für Mobilfunk und umfasst u.a. das im Hinblick auf LTE standardessentielle EP ….

# 107 trägt die Bezeichnung "Verfahren und Anpassungsvorrichtung zur Übertragung von Nachrichten zwischen mindestens einer Zentrale und einem Mobilfunkgerät und Anpassungsvorrichtung dafür" und schützt eine Technologie, die für den Betrieb von sogen. Multimedia Messaging Service (MMS) erforderlich ist und umfasst u.a. das EP ….

# 173 betraf als geschützte Technologie das sogen. InterRAT-Handover, d.h. einen Wechsel eines Mobilfunk-Endgerätes von einem Zugangsnetz in ein anderes und umfasste u.a. das EP … mit der Bezeichnung "Verfahren zum Handover, Mobilstation für ein Handover und Basisstation für ein Handover". Der deutsche Teil des EP … ist am 26.02.2015 vom Bundesgerichtshof (Az. X ZR 54/11) teilweise für nichtig erklärt worden. Im Übrigen ist es am 26.11.2019 durch Zeitablauf erloschen.

# 008 schützt das sogen. Adaptive Multi-Rate Wideband-Verfahren (AMR-WB-Verfahren) und umfasst u.a. das EP … mit der Bezeichnung "Verfahren zur Übertragung von Daten, insbesondere GSM-Daten".

# 006 schützt das sogen. Half-Rate, d.h. ein Codierungsverfahren für binäre Sprachsignale im GSM-Netz und umfasst u.a. das DE … betreffend ein "Kombiniertes Sprach- und Kanalcodierungsverfahren".

5 Wegen angeblicher Verletzung der in den genannten Patentfamilien enthaltenen Schutzrechte (mit Ausnahme der Patentfamilie #114, bezüglich derer die Beklage gegenüber der Klägerin lediglich eine Inanspruchnahme angedroht hatte) hatte die Beklagte seit 2008 gegen die Klägerin mehrere Verletzungsklagen bei unterschiedlichen Gerichten erhoben, wobei teilweise auch Vorstandsmitglieder und Tochtergesellschaften der Klägerin verklagt worden waren. Die Beklagte hat die Verfahren und deren Ausgang in der nachfolgend wiedergegebenen Tabelle (Anlage B 4) zusammengefasst:

6 Parallel zu den gerichtlichen Auseinandersetzungen fanden zwischen den Parteien spätestens seit Dezember 2009 mehrere Verhandlungsrunden statt mit dem Ziel, sich über eine Lizenzierung des Patentportfolios der Beklagten zu einigen. Im Rahmen dieser Verhandlungen übergaben die Vertreter der Beklagten die folgenden Unterlagen:

7 • Präsentation der Beklagten "…" vom 16.03.2009 (Anlage ... 24)

8 • Präsentation der Beklagten mit dem Titel "…" (Anlage ... 15)

9 • Präsentation mit dem Titel "…" (Anlage ... 25)

10 • Patentinformation zu diversen Vertrags-SEP mit dem Titel "Patents – Relevance for Network Operator" aus Dezember 2012 (Anlage ... 74)

11 • Entwurf einer Lizenzvereinbarung für die Lizenzierung der Vertrags-SEP ("Term Sheet", mit Anmerkungen der Klägerin vorgelegt als Anlagen ... 27 und ... 28)

12 • Kurzfassung der Lizenzbedingungen ("Terms")

13 Im Rahmen der Verhandlungen wurde auch die Frage der Inanspruchnahme von Wettbewerbern der Klägerin durch die Beklagte kontrovers erörtert. So schlug die Klägerin eine Regelung vor, welche die Beklagte dazu verpflichten sollte, gegen Wettbewerber vorzugehen. Der Verhandlungsführer der Beklagten erklärte gegenüber dem Verhandlungsführer der Klägerin, dass die Beklagte nach Abschluss des Lizenzvertrags mit der Klägerin beabsichtige, andere MNOs entsprechend zu lizenzieren. Das „Term Sheet“ enthält hierzu folgenden Absatz (Anlage ... 27 S. 3 „Reps and warranties“ – nachverfolgbare Änderungen der Klägerin in rot und blau):

14 Die Zusammenfassung des Term Sheets umfasste nachfolgende Punkte (Anlage ... 28 S. 1 „Reps and warranties“ – nachverfolgbare Änderungen der Klägerin in blau):

15 Die Verhandlungen der Parteien führten am 07.06.2013 zum Abschluss eines Lizenzvertrags (Anlagen ... 1, ... 30 und ... 31). Hinsichtlich der Rechtsverfolgung gegenüber Dritten haben sich die Parteien letztlich auf nachfolgende Regelung in Nr. 8.2 des Lizenzvertrags verständigt:

16… ist nicht verpflichtet, mögliche Ansprüche aufgrund einer Verletzung von Lizenzierten Patenten oder Künftigen Patenten gegen Dritte zu verfolgen oder Lizenzierte Patente gegen Angriffe Dritter zu verteidigen.

17 Aufgrund des Lizenzvertrags räumte die Beklagte der Klägerin eine Lizenz an ihrem Portfolio ein. Zum Inhalt der Lizenz sieht Nr. 2.1 die folgende Regelung vor:

18 „… gewährt der … ein nicht ausschließliches, unwiderrufliches, nicht übertragbares, nur nach ausdrücklicher Maßgabe dieses Lizenzvertrages unterlizenzierbares, weltweites Recht zur Nutzung der Lizenzierten Patente und der Künftigen Patente zum Betrieb von eigenen Netzen der … und/oder einer ihrer Tochtergesellschaft, insbesondere von Mobilfunknetzen, bis zum Ablauf der Gültigkeit des zuletzt ablaufenden Lizenzierten Patents oder Künftigen Patents […]“

19 Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin in Nr. 4 des Lizenzvertrags zur Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von EUR … zzgl. Aufschlägen in Höhe von rund EUR …, zahlbar in insgesamt 13 jährlichen Raten wie folgt:

20 In Nr. 2.6 des Lizenzvertrags wurde festgehalten:

21 „… ist nach ausführlicher, rechtlicher Prüfung zu der Überzeugung gekommen, dass es in der Vergangenheit keine Verletzungen der Lizenzierten Patente durch die … oder ihre Tochtergesellschaften sowie durch deren jeweilige Organmitglieder, Führungskräfte und sonstige Mitarbeiter gegeben hat.“

22 Zu einer möglichen späteren Anpassung der Lizenzgebühren sieht Nr. 7 im ersten Absatz des Lizenzvertrags die folgende Regelung vor:

23 Um Insolvenzrisiken zu reduzieren, wurde die … (…) in die Abwicklung der Lizenzzahlungen eingeschaltet. Dies erfolgte aufgrund von zwei Verträgen, welche die Parteien ebenfalls am 07.06.2013 mit der … abschlossen.

24 Bei dem Vertrag zwischen der Beklagten und der … handelt es sich um einen sog. Forfaitierungsvertrag (Anlage ... 32 und ... 33). Aufgrund dieses Vertrages trat die Beklagte die Lizenzgebührenforderung aus dem Lizenzvertrag gegen die Klägerin mit Ausnahme der ersten Lizenzgebührenrate an die … ab und gewährleistete gegenüber der … in diesem Umfang den Bestand und die Werthaltigkeit der Lizenzgebührenforderung. Im Gegenzug bezahlte die … an die Beklagte einen Kaufpreis in Höhe von EUR …. Die im Lizenzvertrag vereinbarten Aufschläge stellten die Vergütung der … für ihre Tätigkeit im Rahmen der Forfaitierung dar. Zur Sicherung der kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte der … gegen die Beklagte hinsichtlich des Bestandes und der Werthaltigkeit der abgetretenen Restforderung verpfändete die Beklagte sämtliche Vertrags-SEP an die ….

25 Bei dem Vertrag zwischen der Klägerin und der … handelt es sich um einen Garantievertrag (Anlage ... 34). Aufgrund dieses Vertrags übernahm die Klägerin gegenüber der … eine Garantie bis zu einem Betrag in Höhe von EUR … nebst Aufschlägen für den Fall, dass die Beklagte ihrer Gewährleistung gegenüber der … aus dem Forderungskauf nicht nachkommen sollte.

26 Da die … zwar die abgetretenen Lizenzraten, nicht aber die seitens der Beklagten auszuweisende und abzuführende Umsatzsteuer erhalten sollte, vereinbarten die Parteien ebenfalls am 07.06.2013 ferner noch eine Treuhand mit der … (Anlage ... 35). Diese sollte die seitens der Klägerin an die Beklagte zu zahlende Umsatzsteuer auskehren, sobald eine entsprechende Umsatzsteuervoranmeldung der Beklagten vorlag oder die Umsatzsteuer bereits an das Finanzamt abgeführt worden war. Entsprechend zahlte die Klägerin die jeweilige Netto-Lizenzgebührenrate an die … und die Umsatzsteuer über den Umweg des Treuhänders an die Beklagte.

27 Bis zum 26.04.2022, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht entspricht (Abl. LG 495), hat die Klägerin die nachfolgenden Bruttozahlungen geleistet:

28 Vertragsgemäß ausstehend waren seinerzeit noch nachfolgende Zahlungsbeträge:

29 Am 10.03.2020 wandte sich der Verhandlungsführer der Beklagten an den seinerzeitigen Vorstand … der Klägerin und forderte im Hinblick auf die Fusion zwischen der … und der … eine Anpassung der Lizenzgebühren gemäß Nr. 7 des Lizenzvertrags. Den Vorschlag einer Einmalzahlung in Höhe von EUR … (Anlage ... 56) – etwa die Hälfte der aus Beklagtensicht eigentlich geschuldeten zusätzlichen Lizenzgebühr in Höhe von EUR … – lehnte die Klägerin ab. Daraufhin erhob die Beklagte Klage gegen … vor dem District Court for the Eastern District of Texas (Case No.: …).

30 Die Beklagte nimmt bzw. nahm weitere Mobilfunknetzbetreiber wegen Verletzung ihres Portfolios gerichtlich in Anspruch. So hat die Beklagte gegen … die folgenden Verfahren angestrengt:

31 • LG Düsseldorf, 4b O 254/09, #173: seinerzeit ausgesetzt

32 • OLG Düsseldorf, I-2 U 50/12, #100A: seinerzeit ausgesetzt

33 • OLG Karlsruhe, 6 U 25/13, #114: Die Berufung wurde am 04.06.2016 nach der Vernichtung des Klagepatents zurückgenommen

34 • Supreme Court, …: Mit Urteil des Berufungsgerichts vom 19.02.2021 wurde die Rechtsbeständigkeit des geltend gemachten Patents (EP …) sowie dessen Verletzung festgestellt.

35 Ferner hatte die Beklagte vor dem District Court for the Eastern District of Texas (Case No.: ., … und Az. …) die Netzbetreiber …, … und … in Anspruch genommen. Nach Aktenlage wurden diese Verfahren durch Lizenznahmen der Mobilfunknetzbetreiber vergleichsweise beendet (Abl. LG 619 Rn. 1186 = Schriftsatz der Klägerin vom 26.04.2022). Schließlich hatte die Beklagte folgende Verfahren angestrengt:

36 • Vor dem Landgericht München I hatte die Beklagte … verklagt (7 O 15712/11). Die Klage wurde am 07.11.2013 abgewiesen.

37 • Gegen die heute zur … gehörenden Gesellschaften … und … strengte die Beklagte zwei Verfahren vor dem District Court of Tokyo an. Die Verfahren wurden im Jahr 2015 in der zweiten Instanz zurückgenommen.

38 • Schließlich führte die Beklagte vor dem District Court of Tokyo ein weiteres Verfahren gegen …. Das Gericht stellte die Rechtsbeständigkeit und Standardessentialität des streitgegenständlichen Patents fest, verneinte jedoch aufgrund einer Umgehungslösung die Verletzung.

39 Die Beklagte hat die Verfahren (mit Ausnahme des gegen … geführten Verfahrens) in der nachfolgend wiedergegebenen Tabelle (Anlage B 7) zusammengefasst:

40 In Europa hat die Beklagte Lizenzverträge bislang lediglich mit Mobilfunkgeräteherstellern, nicht jedoch mit anderen MNOs abgeschlossen.

41 Die Beklagte hatte mit Rechnung vom 03.12.2019 (Anlage ... 43) für das Jahr 2020 unter Zugrundelegung eines Umsatzsteuersatzes von 19 % einen Umsatzsteuerbetrag in Höhe von EUR … ausgewiesen. Diesen leistete die Klägerin unter dem 15.01.2020. In Ansehung der Absenkung des Umsatzsteuersatzes von 19 % auf 16 % stornierte die Beklagte am 11.12.2020 ihre vorangegangene Rechnung und stellte eine neue Rechnung in Höhe von nunmehr noch EUR … (mit 16 % Umsatzsteuer in Höhe von EUR …, vgl. Anlage ... 44). Zu Gunsten der Klägerin ergab sich daher ein Erstattungsbetrag in Höhe von EUR …. Mit Wertstellung per 28.09.2021 zahlte die Beklagte einen Betrag in Höhe von EUR … an die Klägerin.

42 Mit Schriftsatz vom 08.11.2021 erklärte die Klägerin die Klage in Höhe eines auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2020 entfallenden Teilbetrags von EUR … für erledigt. Der Teilerledigung schloss sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2021 an (As. I 486).

43 Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte, die sich in der Vergangenheit gegenüber der Klägerin auf die Standardessentialität von Patenten berufen habe, diskriminiere die Klägerin durch den Lizenzvertrag vom 07.06.2013. Maßgeblich für die Lizenzgebühr seien die Vertrags-SEP gewesen.

44 Die hier relevante Ungleichbehandlung bestehe namentlich darin, dass die Beklagte von der Klägerin als einzigem MNO in Europa Lizenzgebühren für die Nutzung der Vertrags-SEP vereinnahme, da dadurch die Klägerin mit Kosten für die Nutzung der Vertrags-SEP belastet sei, die ihre Wettbewerber nicht zu tragen hätten.

45 Die den Lizenzvertrag flankierende Forfaitierungs- und Treuhandkonstruktion sei auch zu Gunsten der Beklagten erfolgt, weil sie so die Gesamtlizenzgebühr unmittelbar nach Vertragsschluss erhalten habe.

46 Der für die Diskriminierung relevante Markt sei der Markt für die Erbringung von Mobilfunkleistungen, insbesondere die Herstellung von Mobilfunkverbindungen zum Zwecke der (mobilen) Kommunikation mit Hilfe einer Mobilfunknetzinfrastruktur. Die Beklagte nutze missbräuchlich ihre marktbeherrschende Stellung durch Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber gleichartigen Unternehmen (MNOs) aus. Die Beklagte verfolge eine selektive Rechtsdurchsetzung. Der Klägerin seien durch diese Ungleichbehandlung Wettbewerbsnachteile auf dem nachgelagerten Markt für Mobilfunkdienste entstanden. Für die Ungleichbehandlung gebe es auch keine sachliche Rechtfertigung und sie führe zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums.

47 Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dieser kartellrechtswidrigen Diskriminierung der Klägerin durch die Beklagte sei nicht durch Nr. 8 des Lizenzvertrags ausgeschlossen. Nr. 8.2 sei wegen der Gesamtnichtigkeit des Lizenzvertrags schon gar nicht anwendbar. Unabhängig davon begründe Nr. 8.2 ohnehin keinen umfassenden Verzicht der Klägerin auf sämtliche subjektiven Rechte aus jedweder Diskriminierung durch die Beklagte, da dies weder dem Willen der Parteien entsprochen habe noch Gegenstand der Verhandlungen der Parteien gewesen sei und sich mit Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck dieser vertraglichen Regelung nicht vereinbaren lasse. Selbst wenn man in Nr. 8.2 des Lizenzvertrags gleichwohl einen vollständigen Verzicht auf alle subjektiven Rechte der Klägerin aus jedweder Diskriminierung durch die Beklagte „hineinlesen“ wollte, sei Nr. 8.2 wegen Verstoßes gegen Art. 102 Abs. 2 lit. a) AEUV nichtig.

48 Der Klägerin ständen daher Ansprüche auf Schadensersatz bzw. Freistellung sowie Rückzahlung der rechtsgrundlos geleisteten Lizenzgebührenraten und Aufschläge nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, nach Bereicherungsrecht sowie nach Deliktsrecht zu. Der Zinsanspruch auf die eingezahlten Gerichtskosten ergebe sich aus Verzugsgesichtspunkten.

49 Weiter sei eine Stundungsabrede bis zur Rückerstattung des Umsatzsteuerbetrags durch das Finanzamt an die Beklagte nicht vereinbart worden (vgl. E-Mail-Korrespondenz der Parteien zur Umsatzsteuerkorrektur, Anlage ... 85).

50 Mit Schriftsätzen vom 16.08.2021 und vom 26.04.2022 erweiterte die Klägerin ihre Klage um die Raten für die Jahre 2021 und 2022 und passte jeweils entsprechend ihren Freistellungantrag an und beantragte zuletzt,

51 1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin … € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

52 (a) aus einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 17. Juni 2013 unter Anrechnung zum 28. September 2021 getilgter Zinsen in Höhe von … €,

53 (b) aus einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 15. Januar 2014 und einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 21. Januar 2014,

54 (c) aus einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 15. Januar 2015,

55 (d) aus einem Teilbetrag in Höhe von …€ seit dem 15. Januar 2016,

56 (e) aus einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 15. Januar 2017,

57 (f) aus einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 17. Januar 2018 und einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 15. Januar 2018,

58 (g) aus einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 15. Januar 2019 und einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 27. Februar 2019,

59 (h) aus einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 15. Januar 2020 bis zum 28. September 2021 und aus einem Teilbetrag in Höhe von …€ seit dem 29. September 2021,

60 (i) aus einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 15. Januar 2021, sowie

61 (j) aus einem Teilbetrag in Höhe von … € seit dem 17. Januar 2022

62 zu zahlen;

63 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von der Inanspruchnahme durch die …, unter der Garantie auf erstes Anfordern vom 7. Juni 2013 insoweit freizustellen, als die Klägerin nach § 2 dieser Garantie auf erstes Anfordern zur Zahlung der Lizenzgebührenraten gemäß Anlage D des Lizenzvertrags vom 7. Juni 2013 zu den dort vereinbarten Fälligkeitsterminen an die Garantienehmerin noch bis zu einem Höchstbetrag von … € zuzüglich (i) eines Aufschlages in Höhe von 439.477,08 € gemäß Anlage D des Lizenzvertrags vom 7. Juni 2013 und (ii) etwaiger von der Beklagten geschuldeter Verzugszinsen unter dem Forfaitierungsvertrag verpflichtet ist.

64 3. Die Beklagte zu verurteilen, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten in Höhe von … € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Einzahlung bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht nach Maßgabe der Kostenquote zu zahlen.

65 Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

66 Die Streithelfer beantragten ebenfalls, die Klage abzuweisen.

67 Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klage sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die Klage sei prozessual unbestimmt und damit unzulässig, da die Klägerin alternativ verschiedene Lebenssachverhalte heranziehe. Die Regelung in Nr. 8.2 des Lizenzvertrags schließe die streitgegenständlichen Ansprüche schon im Ausgangspunkt vertraglich kategorisch aus. Zu einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten sei nicht schlüssig vorgetragen. Es liege auch kein Kartellverstoß vor. Die Klägerin werde von der Beklagten nicht diskriminiert. Eine Diskriminierung der Klägerin sei weder in den gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien vor Abschluss des Lizenzvertrags noch im Lizenzvertrag selbst oder in einem Verhalten nach Abschluss des Lizenzvertrags zu erblicken. Eine etwaige Ungleichbehandlung sei jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die Klägerin sei auch nicht im Wettbewerb benachteiligt. Jedenfalls fehle es aber an einem Verschulden der Beklagten.

68 Ferner liege kein schlüssiger Vortrag zur Schadenshöhe vor. Selbst wenn man annehmen wollte, dass der Klägerin durch den Lizenzvertrag ein Schaden entstanden sei, müsse sich die Klägerin alle Vermögensmehrungen anrechnen lassen, die ihr adäquat kausal durch den Lizenzvertrag entstanden seien.

69 Es beständen weder kartellrechtliche noch delikts- oder bereicherungsrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte. Jedenfalls würde die Beklagte solchen Ansprüchen den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten können. Im Übrigen seien sämtliche Ansprüche verjährt.

70 Hilfsweise hat die Beklagte für den Fall beantragt, dass die Kammer dem Grunde nach von einem ersatzfähigen Schaden ausgehen sollte,

71 Erlass eines Zwischenurteils

72 über die Anträge, der Klägerin aufzugeben,

73 1. alle Lizenzverträge vorzulegen, welche die Klägerin als Lizenzgeberin oder Lizenznehmerin über für die 2G-, 3G-, 4G- und 5G-Mobilfunkstandards essentielle Patente abgeschlossen hat.

74 2. der Beklagten darüber Auskunft zu erteilen und schriftlich in einer geordneten Aufstellung (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Klägerin seit dem 01.01.2004

75 • Mobilfunkgeräte weltweit vertrieben hat, die mit einem oder mehreren der 2G-, 3G-, 4G- oder 5G-Mobilfunkstandards kompatibel sind; und

76 • Mobilfunknetzwerke betrieben und Dritten Zugang zu diesen gewährt hat, die mit einem oder mehreren der 2G-, 3G-, 4G- oder 5G-Mobilfunkstandards kompatibel sind;

77 und zwar jeweils unter Angabe

78 a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

79 b) der Art und des Umfangs verübter Verfahrensbenutzungshandlungen unter Einschluss insbesondere des erzielten Umsatzes sowie,

80 c) der einzelnen Lieferungen aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und preisen, einschließlich der Rechnungsnummer und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

81 d) der einzelnen Angebote (unter Vorlage schriftlicher Angebote), aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

82 e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

83 f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

84 wobei die Klägerin zum Nachweis der Angaben zu a), b) und c) entsprechende Belege (Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere) in Kopie vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,

85 wobei es der Klägerin vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Beklagten einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Klägerin die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Beklagten auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte nicht-gewerbliche Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sind, und

86 wobei alle Auskünfte und Beweismittel in elektronischer Form eines üblichen Datenformats herauszugeben sind; nicht digitalisierte Dokumente sind zu scannen, nur hilfsweise sind sie in geordneter, nachvollziehbarer und erläuterter Form in physischer Kopie herauszugeben.

87 Die angeforderten Auskünfte seien für die Verteidigung der Beklagten gegen das Schadensersatzbegehren der Klägerin (mit dem Einwand der Vorteilsanrechnung durch Abschluss des Lizenzvertrags) erforderlich. Die Beklagte habe keine andere Möglichkeit, um an die angeforderten, genau bezeichneten Informationen zu gelangen, die sich im Besitz der Klägerin befinden. Die Auskunftserteilung sei verhältnismäßig.

88 Hilfsweise, für den Fall, dass dem Antrag auf Erlass eines Zwischenurteils nicht nachgekommen werde, hat die Beklagte widerklagend beantragt,

89 die Klägerin zu verurteilen, die in Ziff. 1. bis 2. genannten Auskünfte zu erteilen.

90 Das Offenlegungs- und Auskunftsbegehren der Beklagten, das auch selbstständig im Klagewege durchgesetzt werden könne, stehe in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Verteidigung der Beklagten gegen den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzanspruch.

91 Die Klägerin hat beantragt, die hilfsweise erhobene Eventualwiderklage abzuweisen.

92 Sie hat geltend gemacht, die Beklagte sei insoweit nicht wegen einer etwaigen Beweisnot auf eine Auskunft durch die Klägerin angewiesen, da sie – aber erst nach substantiierter Darlegung der Beklagten, an der es fehle – im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zu weiteren Angaben bzgl. des Umfangs der tatsächlichen Nutzung der Patente gehalten sei. Darüber hinaus scheide ein Anspruch auch aus, weil eine Vorteilsausgleichung aufgrund der Nutzung der Patente nicht schadensmindernd in Ansatz zu bringen sei. Mangels Lizenzierung der Vertrags-SEP an andere MNO sei eine nicht-diskriminierende Lizenzgebühr nicht möglich und Nicht-SEP komme kein eigenständiger Marktwert zu.

93 Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen aller Feststellungen und Einzelheiten verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche Nr. 8.2 des Lizenzvertrags entgegenstehe. Unabhängig von etwaigen grundsätzlich bestehenden kartellrechtlichen Verpflichtungen und deren etwaiger Verletzung sei die Beklagte aufgrund von Nr. 8.2 jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin nicht zur Rechtsdurchsetzung gegenüber Wettbewerbern verpflichtet gewesen, so dass Ansprüche, die der Klägerin aus selektiver Rechtsdurchsetzung zustehen könnten, jedenfalls individualvertraglich abbedungen worden seien.

94 Nach dem Wortlaut von Nr. 8.2 sei die Beklagte nicht verpflichtet, mögliche Ansprüche aufgrund einer Verletzung von „Lizenzierten Patenten“ oder „Künftigen Patenten“ gegen Dritte zu verfolgen. Eine Pflicht der Beklagten zur Verfolgung möglicher Ansprüche gegen Dritte sei zwischen den Parteien ausdrücklich abbedungen worden. Diese zwischen den Parteien vereinbarte Abbedingung von Rechtsverfolgungspflichten sei inhaltlich nicht weiter beschränkt und gelte daher umfassend. Das den Wortlaut einschränkende Verständnis der Klägerin sei aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht tragfähig. Eine etwaig fehlende Rechtsverfolgung Dritter durch die Beklagte – also eine selektive Rechtsdurchsetzung gegenüber der Klägerin – könne im Verhältnis zur Klägerin keine Pflichtverletzung begründen, aus der die Klägerin Ansprüche gegen die Beklagte geltend machen könne. Die Abgeltung sei dabei nicht auf im Zeitpunkt des Lizenzvertragsschlusses gegenwärtige Ansprüche beschränkt. Für letzteres spreche bereits der Wortlaut der Vereinbarung, der zum einen keine zeitliche Beschränkung enthalte und zum anderen ausdrücklich auch „Künftige Patente“ der Beklagten umfasse. Hinsichtlich künftiger Patente könnten aber keine – im Zeitpunkt des Vertragsschlusses – gegenwärtigen Ansprüche wegen selektiver Rechtsdurchsetzung bestehen. Nach dem objektiven Empfängerhorizont erfasse die Abgeltung des Nr. 8.2 daher auch eine künftige selektive Rechtsdurchsetzung.

95 Für die Abgeltung etwaiger Ansprüche der Klägerin aus selektiver Rechtsdurchsetzung sprächen neben dem Wortlaut auch der objektive Parteiwille und die Begleitumstände. Die Klägerin habe bereits vor dem Abschluss des Lizenzvertrags im Jahr 2013 gegenüber der Beklagten den Vorwurf erhoben, sie setze ihre Rechte durch die (damaligen) gerichtlichen Inanspruchnahmen der Klägerin selektiv durch. Der Klägerin sei daher bewusst gewesen, dass grundsätzlich die Gefahr einer selektiven Inanspruchnahme durch die Beklagte bestehe. Gleichwohl habe die Klägerin letztlich – in Kenntnis des ihr etwaig zustehenden Einwands der selektiven Rechtsdurchsetzung und zweifellos mit Vertragswillen – die Regelung in Nr. 8.2 vereinbart und die Beklagte von der Rechtsverfolgungsverpflichtung gegenüber Dritten uneingeschränkt freigestellt. Es fehle an einem objektiv erkennbaren gegenteiligen Willen der Klägerin, dass sie sich – trotz umfassender Negierung einer Rechtsverfolgungsverpflichtung – insoweit gleichwohl (gesetzliche) Ansprüche vorbehalten wollte.

96 Dieser Auslegung stehe das Kartellrecht nicht entgegen. Sie führe weder zur Nichtigkeit von Nr. 8.2 noch zur FRAND-Widrigkeit des Lizenzvertrags. Die zwischen den Parteien ausgehandelte Nr. 8.2 sei nicht bereits wegen der Abgeltung von (auch) kartellrechtlichen Ansprüchen kartellrechtswidrig. Zwar ständen kartellrechtliche Normen in ihrer allgemeingültigen Wirkung nicht zur Disposition der Parteien. Jedoch seien (künftige) Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte disponibel, auch soweit sie auf einer kartellrechtlichen Anspruchsgrundlage beruhen. Eine individualvertragliche Abgeltung im Voraus sei ebenfalls möglich. Dabei sei vorliegend zu beachten, dass es sich bei Nr. 8.2 nicht um eine formularmäßig von der Beklagten gestellte und der Klägerin aufoktroyierte Vertragsklausel handle, sondern um eine individualvertragliche Regelung eines umfassenden FRAND-Lizenzvertrags, der auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts intensiv unter Auslotung der Bandbreite an angemessenen Lösungen ausverhandelt worden sei. Dabei habe die Klägerin in Nr. 8.2 auch nicht auf sämtliche kartellrechtlichen subjektiven Rechte verzichtet, so dass die Beklagte ihre marktbeherrschende Stellung nach Belieben missbrauchen könnte. Vielmehr verzichte die Klägerin (lediglich) auf ein ganz konkretes kartellrechtliches subjektives Recht, nämlich mögliche Ansprüche aufgrund einer Verletzung von „Lizenzierten Patenten“ oder „Künftigen Patenten“ gegen Dritte zu verfolgen.

97 Durch Nr. 8.2 werde der Lizenzvertrag auch nicht FRAND-widrig. Hierfür sei nicht eine einzelne Vertragsklausel, sondern die Gesamtwirkung rechtlich zu bewerten. Eine dem Lizenzsucher nachteilige Ausgestaltung bestimmter Aspekte könne etwa durch eine dem Lizenzsucher vorteilhafte Ausgestaltung bei anderen Aspekten „ausgeglichen“ werden. Die Klägerin habe insoweit schon nicht dargetan, dass der Lizenzvertrag in seiner Gesamtwirkung FRAND-Kriterien nicht entspreche.

98 Da etwaige Ansprüche der Klägerin aus selektiver Rechtsdurchsetzung gemäß Nr. 8.2 umfassend abgegolten seien, bedürfe es keiner Vertiefung, ob im Übrigen der Beklagten der Einwand unzulässiger Rechtsausübung zustände und ob die geltend gemachten Ansprüche verjährt wären.

99 Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

100 Sie macht geltend, dass bereits die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts unrichtig und unvollständig seien. Weder habe die Beklagte jemals einen Verzicht der Klägerin auf Ansprüche hinsichtlich der Rechtsverfolgung von Wettbewerbern gefordert, noch sei hinsichtlich Nr. 8.2 in sonstiger Weise zwischen den Parteien ein über die Negierung der vertraglichen Verpflichtung hinausgehender „Anspruchsverzicht“ der Klägerin überhaupt thematisiert worden. Nr. 8.2 habe keinen Anspruchsverzicht zum Gegenstand, sondern beschränke sich auf eine Negierung einer vertraglichen Verpflichtung der Beklagten zur Rechtsverfolgung Dritter bei Patentverletzungen und daraus folgenden vertraglichen Nebenpflichten der Beklagten auf Auskunft, Rechenschaft etc.

101 Das Urteil des Landgerichts sei unvollständig, soweit nicht erwähnt werde, dass die Beklagte in Deutschland keinen anderen Mobilfunknetzbetreiber wegen des Betriebs des Mobilfunknetzwerks gerichtlich in Anspruch genommen habe. Die im Urteil aufgeführten Verfahren in Deutschland hätten durchweg den Vertrieb von Mobilfunkendgeräten und damit einen anderen sachlichen Markt betroffen.

102 Der geltend gemachte Diskriminierungsvorwurf der Klägerin beziehe sich nicht auf eine selektive Rechtsdurchsetzung der Beklagten gegenüber der Klägerin, sondern auf die alleinige Lizenzierung der Klägerin und die dadurch bedingte Ungleichbehandlung gegenüber deren Wettbewerbern, die zu einer Wettbewerbsverzerrung führe. Ob die Beklagte versucht habe, auch andere Mobilfunknetzbetreiber gerichtlich in Anspruch zu nehmen, sei deshalb unerheblich. Die Beklagte habe mit keinem anderen Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland oder der EU einen Lizenzvertrag über die Nutzung der Vertrags-SEP abgeschlossen.

103 Die Beklagte hätte es jederzeit in der Hand gehabt, diese Ungleichbehandlung zu beenden, indem sie entweder ihre Anstrengungen intensiviert, die Wettbewerber der Klägerin zur Lizenzierung der Vertrags-SEP zu bewegen, oder die von der Klägerin zu zahlende Lizenzgebühr in einer Weise anzupassen, dass eine wettbewerbliche Benachteiligung der Klägerin ausgeschlossen wäre. In beiderlei Hinsicht sei die Beklagte untätig geblieben.

104 Die Klägerin macht weiter geltend, das Landgericht habe Nr. 8.2 des Lizenzvertrags rechtsfehlerhaft ausgelegt. Die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils würden die Verhandlungshistorie ausblenden. Außerdem gingen die Feststellungen in rechtlicher Hinsicht fehl, da sie die vertraglichen Verpflichtungen des Lizenzgebers von vornherein unzutreffend einordneten.

105 Der Wortlaut der Nr. 8.2 betreffe in der ersten Alternative eine Negierung allein der vertraglichen Verpflichtung zur Verfolgung von Patentverletzungsansprüchen der Beklagten gegenüber allen Dritten. Eine Lizenzierung der Vertrags-SEP sei aber nicht mit einer Verfolgung von Patentverletzungsansprüchen verknüpft. Ebensowenig sei die Lizenzierung anderer Marktteilnehmer eine „Rechtsverfolgung“. Auch ohne Rechtsverfolgung in Form gerichtlicher Patentverletzungsverfahren könne es ohne Weiteres zur Lizenzierung von SEP kommen. Die Negierung einer Verpflichtung zur Rechtsverfolgung stehe somit denklogisch in keinem notwendigen Zusammenhang mit einer etwaigen Diskriminierung der Klägerin durch alleinige entgeltliche Lizenzierung der SEP an diese. Unter Berücksichtigung der Vertragshistorie, welche als Begleitumstand bei der Auslegung zu berücksichtigen sei, beschränke sich die Negierung in Nr. 8.2 bei zutreffender Wortauslegung auf eine vertragliche Nebenpflicht der Beklagten zur Rechtsdurchsetzung gegenüber Dritten. Aus Nr. 8.2 könne hingegen kein umfassender Verzicht der Klägerin auf jegliche Ansprüche aus einer selektiven Rechtsdurchsetzung oder weitergehenden Diskriminierung der Klägerin durch die Beklagte abgeleitet werden. Dies folge auch aus dem Umstand, dass Nr. 8.2 des Lizenzvertrages Bestandteil von Nr. 8 und nicht von Nr. 2 sei, sodass es insoweit allein um vertragliche Nebenpflichten der Beklagten gehe und es vertragssystematisch ausgeschlossen sei, wenn dort ein weitreichender und lizenzgebührenrelevanter Verzicht der Klägerin aufgenommen wäre.

106 Aus der Präambel des Lizenzvertrags ergebe sich der beiderseitige Wunsch der Parteien nach einer Lizenzierung der Vertrags-SEP zu FRAND-Bedingungen als Geschäftsgrundlage. Essentieller Bestandteil von FRAND sei die Nicht-Diskriminierung. Damit sei Geschäftsgrundlage des streitgegenständlichen Lizenzvertrages die Lizenzierung der Vertrags-SEP in nicht-diskriminierender Art und Weise. Dieser Umstand sei vom Landgericht nicht ausreichend gewürdigt worden.

107 Das Landgericht ziehe zur Feststellung eines Verzichtswillens der Klägerin falsche Grundsätze heran. Soweit auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs v. 17.12.2020 (I ZR 239/19, GRUR 2021, 721 Rn. 21 – Verjährungsverzicht) Bezug genommen werde, sei zu beachten, dass sich diese Entscheidung mit einem rechtserhaltenden Verjährungsverzicht des Schuldners zu Gunsten des Gläubigers befasse, nicht jedoch mit einem rechtsvernichtenden Anspruchsverzicht des Gläubigers zu Gunsten des Schuldners. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verjährungsverzicht sei jedoch nicht auf die Frage des Anspruchsverzichts übertragbar. Vielmehr gelange die höchstrichterliche Rechtsprechung sowohl im Rahmen der Auslegung des Anspruchsverzichts des Gläubigers als auch im Rahmen der Auslegung eines Verjährungsverzichts des Schuldners zu einer im Zweifel zu Gunsten des Gläubigers wirkenden anspruchserhaltenden Auslegung. Das Landgericht blende aus, dass nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immer dann, wenn feststehe oder davon auszugehen sei, dass eine Forderung entstanden sei, schon dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme verbiete, dass der Gläubiger sein Recht einfach wieder aufgebe. Die Feststellung eines umfassenden Anspruchsverzichts der Klägerin stehe daher in offenkundigem Widerspruch zu dem im Lizenzvertrag dokumentierten Parteiwillen sowie zu der erstinstanzlich unter Beweis dargelegten Vertragsgenese. Ein solcher Anspruchsverzicht könne sich auch nicht aus einem Umkehrschluss zu der Regelung in Nr. 8.2 des Lizenzvertrages ergeben.

108 Das Landgericht gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass zwingende kartellrechtliche Pflichten, die aus der besonderen Verantwortung eines Marktbeherrschers erwachsen, abdingbar seien. Bei Verbotsgesetzen könne es jedoch keine Differenzierung zwischen deren (absoluter) Allgemeingültigkeit und ihrer Geltung in einem bestimmten (relativen) Privatrechtsverhältnis geben. Insbesondere sei ein Verzicht auf etwaige kartellrechtliche Ansprüche im Vorhinein nicht möglich, sondern allenfalls nach deren Entstehung. Dies sei auch bei der Auslegung des Vertrags zu berücksichtigen. Den Parteien könne nicht unterstellt werden, dass sie sich bei Vertragsschluss gesetz- bzw. sittenwidrig verhalten wollten (sog. „Gebot der rechtskonformen Auslegung“). Die gesetzlichen Verbote der Art. 102 S. 1 und 2 AEUV und §§ 19, 20 Abs. 1 GWB ständen somit einer Auslegung von Nr. 8.2 als „Verzicht“ der Klägerin „auf selektive Ansprüche“ und/oder auf Ansprüche wegen jeglicher weiterer Diskriminierung entgegen. Ein derartiges Verständnis stehe nicht im Einklang mit diesen kartellrechtlichen Missbrauchsvorschriften und wäre deshalb gem. § 134 BGB nichtig. Das Landgericht habe dementsprechend rechtsfehlerhaft die Frage außer Acht gelassen, ob Nr. 8.2 in der vom Landgericht vorgenommenen Auslegung als unangemessene Geschäftsbedingung im Sinne von Art. 102 S. 1 und 2 lit. a) AEUV und §§ 19, 20 Abs. 1 GWB anzusehen wäre. Ebenso rechtsfehlerhaft habe das Landgericht jegliche Prüfung unterlassen, ob die Klägerin durch die Ungleichbehandlung seitens der Beklagten kartellrechtswidrig diskriminiert worden sei und ob wegen dieses Kartellrechtsverstoßes der streitgegenständliche Lizenzvertrag ganz oder teilweise gem. § 134 BGB nichtig sei.

109 Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren die Standardessentialität der lizenzierten Patente sowie ihre marktbeherrschende Stellung bestreite, sei der neue Vortrag präkludiert und ohnehin wegen prozessualer Widersprüchlichkeit unbeachtlich.

110 Die Klägerin und Berufungsklägerin b e a n t r a g t,

111 das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 31.05.2022 (Az. 2 O 130/20) unter dem Tenor zu Ziffern 1. bis 3. abzuändern, und verfolgt sodann ihre Klageanträge Ziffer 1 und Ziffer 2 im Grundsatz vollumfänglich weiter. Aufgrund der am 16. Januar 2023 gezahlten Lizenzrate für das Jahr 2023 in Höhe von EUR … (= EUR … Lizenzrate + EUR … Aufschlag + EUR …USt) wurde im Klageantrag Ziffer 1 der Betrag auf … € angepasst und der Antrag um lit. (k) ergänzt (Abl. 270):

112 (k) aus einem Teilbetrag in Höhe von EUR … seit dem 16. Januar 2023

113 Der Feststellungsantrag zu Ziffer 2 wurde dementsprechend betragsmäßig nach unten angepasst. Die Klägerin beantragt nunmehr:

114 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von der Inanspruchnahme durch die Garantienehmerin …, unter der Garantie auf erstes Anfordern vom 7. Juni 2013 insoweit freizustellen, als die Klägerin nach § 2 dieser Garantie auf erstes Anfordern zur Zahlung der Lizenzgebührenraten gemäß Anlage D des Lizenzvertrags vom 7. Juni 2013 zu den dort vereinbarten Fälligkeitsterminen an die Garantienehmerin noch bis zu einem Höchstbetrag von EUR … zuzüglich (i) eines Aufschlages in Höhe von EUR … gemäß Anlage D des Lizenzvertrags vom 7. Juni 2013 und (ii) etwaiger von der Beklagten geschuldeter Verzugszinsen unter dem Forfaitierungsvertrag verpflichtet ist.

115 Den ursprünglich auf Verzinsung der Gerichtskosten gerichteten Antrag zu Ziffer 3 verfolgt die Klägerin nicht weiter.

116 Die Beklagte b e a n t r a g t,

117 die Berufung zurückzuweisen. Für den Fall, dass der Senat dem Grunde nach von einem ersatzfähigen Schaden ausgehen sollte, verfolgt die Beklagte ihre erstinstanzlich angekündigten Auskunftsansprüche sowie die hilfsweise Widerklage weiter.

118 Die vier Streithelfer b e a n t r a g e n jeweils,

119 die Berufung kostenpflichtig abzuweisen.

120 Nach Ansicht der Beklagten hat das Landgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Klägerin durch Nr. 8.2 des Lizenzvertrags auf Ansprüche, die ihr durch eine unterbliebene Rechtsdurchsetzung der Beklagten entstehen könnten, verzichtet habe. Ein Verzichtswille ergebe sich aus dem Umstand, dass die Parteien mit dem Lizenzvertrag vorangehende jahrelange Rechtsstreitigkeiten abschließend bereinigen und einen Schlussstrich haben ziehen wollen. Sie hätten mit dem Lizenzvertrag bezweckt, endgültigen Rechtsfrieden zu schaffen. Der Anspruchsausschluss sei das Ergebnis mehrjähriger Verhandlungen auf Augenhöhe und entspreche dem Vertragszweck und den Parteiinteressen bei Vertragsschluss. Nr. 8.2 diene der Verwirklichung des Ziels des Rechtsfriedens, da die Beklagte ansonsten jederzeit hätte damit rechnen müssen, dass die Klägerin einen neuen Rechtsstreit beginne, weil sie zu der Einschätzung gelangt sei, die Rechtsdurchsetzungsbemühungen der Beklagten gegenüber Dritten seien nicht hinreichend. Die Klausel sei zudem im Lichte des gesamten Vertrags zu sehen und habe auch bei der Höhe der Lizenzgebühr Berücksichtigung gefunden.

121 Die Beklagte ist der Ansicht, die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien vermögensrechtliche Ansprüche und unterlägen der Privatautonomie. Auf sie könne eine Partei also auch verzichten. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB enthielten kein Verzichts- bzw. Erlassverbot. Die höchstrichterliche Rechtsprechung begründe auch kein allgemeines Verbot des Vorauserlasses für Ansprüche im Zusammenhang mit wettbewerblichen Verboten. Die von der Klägerin in Bezug genommene Rechtsprechung betreffe einen Sonderfall und sei nicht verallgemeinerungsfähig.

122 Art. 102 S. 2 lit. a) AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB seien mangels marktbeherrschender Stellung der Beklagten schon nicht anwendbar. Die Klägerin als darlegungs- und beweisbelastete Partei habe unzureichend zum Inhalt der Patente vorgetragen und dazu, inwiefern sie diese Patente verwende. Jedenfalls sei Nr. 8.2. des Lizenzvertrags weder „offensichtlich unbillig“ noch „unangemessen“ und stelle daher keine unangemessene Geschäftsbedingung dar. Schließlich seien die Bedingungen der Klägerin auch nicht einseitig auferlegt worden.

123 Nach Ansicht der Beklagten liegt kein Verstoß gegen Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB vor. Es liege bereits keine Diskriminierung der Klägerin vor. Die Beklagte habe der Konkurrenz der Klägerin keine Freilizenzen erteilt, auch keine „faktischen“ Freilizenzen durch Duldung von Patentverletzungen. Die Beklagte habe sich intensiv um Abschlüsse von Lizenzvereinbarungen bemüht. So habe sie mit konkurrierenden Mobilfunknetzbetreibern und zahlreichen Herstellern von Mobilfunkendgeräten entgeltliche Lizenzverträge geschlossen. Dass es die Beklagte trotz ihrer Durchsetzungsbemühungen bislang nicht geschafft habe, weitere Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland und der EU zum Abschluss eines Lizenzvertrags zu bewegen, sei irrelevant. Es könne keine Rechtspflicht zur erfolgreichen Lizenzierung bestehen. Marktbeherrschende Patentinhaber könnten zwar unter engen Voraussetzungen verpflichtet sein, lizenzbereiten Patentverwendern auf deren Wunsch eine Lizenz und damit Zugang zum Markt zu erteilen. Eine Pflicht, Lizenzbereitschaft herzustellen, habe der Patentinhaber jedoch nicht.

124 Sollte eine etwaige Ungleichbehandlung der Klägerin bestehen, wäre diese jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Auch eine marktbeherrschende Stellung hindere ein Unternehmen grundsätzlich nicht, seine eigenen geschäftlichen Interessen zu wahren. Im Falle der Beklagten beständen sachliche und wirtschaftliche Gründe für ihre Vorgehensweise. So sei es z.B. wirtschaftlich vernünftig gewesen, nicht zeitgleich gegen alle Mobilfunknetzbetreiber vorzugehen, sondern gestuft den Fokus auf einzelne große Unternehmen zu legen. Dies sei geeignet, andere Patentverletzer abzuschrecken und so den Abschluss weiterer Lizenzverträge zu erleichtern. Ebenso sei es wirtschaftlich vernünftig, gegen den jeweiligen Mutterkonzern vorzugehen, um eine umfassende und globale, aber zugleich kosten- und aufwandsärmere Lösung herbeizuführen. Ferner sei es sinnvoll, gegen die Unternehmen in deren Heimatland (z.B. gegen …) vorzugehen bzw. allgemein zu prüfen, in welchen Staaten die Gerichte größere Erfahrungen mit Patentstreitigkeiten haben. Schließlich sei der Beklagten mit Blick auf ihre begrenzten Ressourcen zuzugestehen, sich auf ausgewählte Patentverletzer zu konzentrieren.

125 Soweit die Klägerin einen Bereicherungsanspruch geltend mache, begründe der Lizenzvertrag einen Rechtsgrund für die erbrachten Leistungen. Außerdem sei der Vorrang der Leistungsbeziehungen zu beachten, weshalb vorwiegend die Beklagte von der Klägerin direkt unter Berücksichtigung der Dreiecks-Forfaitierungs- und Treuhandkonstruktion durch Leistung lediglich die erste Lizenzrate in Höhe von 50 Mio. EUR erhalten habe. Ein unterstellter Anspruch wäre jedenfalls mit dem Anspruch der Beklagten auf Vergütung für die Nutzung ihres Patentportfolios und dem genossenen Rechtsfrieden zu saldieren.

126 Die Beklagte macht weiter geltend, dass etwaigen Ansprüchen der Klägerin der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) in verschiedenen Ausprägungen entgegenstünde.

127 Schließlich macht die Beklagte geltend, dass etwaige Ansprüche der Klägerin kenntnisabhängig verjährt seien. Die (unterstellten) Ansprüche seien mit Abschluss des (unterstellt) kartellrechtswidrigen Lizenzvertrages im Jahr 2013 entstanden. In diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber bereits Kenntnis bzw. zumindest grob fahrlässige Unkenntnis von den vermeintlich anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt. Drei Jahre später, am 2. Januar 2017, seien die Ansprüche verjährt.

128 Vorsorglich weist die Beklagte noch darauf hin, dass die Klägerin jedenfalls nicht die vollständige Erstattung der gezahlten Lizenzgebühren bzw. Freistellung von der noch zu zahlenden Lizenzgebühr verlangen könne. Sie könne allenfalls einen Teil der Lizenzgebühr zurückverlangen, der auf die von der angeblichen Ungleichbehandlung betroffenen Patente, Märkte und Zeiträume entfiele. So sei zu beachten, dass die Lizenz weltweit erteilt wurde und auch den Vertrieb von Mobilfunkendgeräten an Endkunden umfasse. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass Gegenstand der Lizenzvereinbarung nicht die bloße Nutzungsmöglichkeit der lizenzierten Patente sei, sondern vor allem der Schutz vor einer weiteren Inanspruchnahme durch den Schutzrechtsinhaber und der dadurch erlangte Rechtsfrieden.

129 Schließlich müsse sie sich die Vorteile anrechnen lassen, die sie aus dem Lizenzvertrag gezogen habe. Insbesondere müsse sich die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin den in der Abzugsmöglichkeit liegenden Vorteil und alle Vorteile aus der ungestörten Nutzung der streitgegenständlichen Patente anrechnen lassen.

130 Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

131 1. Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche bestehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

132 a) Der mit dem Antrag 1. verfolgte Zahlungsanspruch betrifft im Wesentlichen die Rückzahlung der von der Klägerin seit 2013 entrichteten Lizenzgebühren. Ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch aus §§ 323, 346 BGB besteht jedoch nicht. Zwar mag in der Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs eine konkludente Rücktrittserklärung gem. § 349 BGB erkannt werden; es fehlte jedoch an einem Rücktrittsgrund.

133 aa) Der Lizenzvertrag war bis zu dem vermeintlichen Rücktritt wirksam.

134 aaa) Eine Unwirksamkeit des Lizenzvertrages ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 101 Abs. 2 AEUV. Der Lizenzvertrag selbst begründete keine kartellrechtswidrige Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Art. 101 Abs. 1 AEUV. Im Gegenteil geht das Kartellrecht davon aus, dass ein Unternehmen, das als Inhaber eines sog. standardessentiellen Patents eine marktbeherrschende Stellung hat und durch eine Zusage, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, bei Dritten die berechtigte Erwartung geweckt hat, dass es ihnen tatsächlich Lizenzen zu diesen Bedingungen gewähren werde, und aus diesem Patent einen Unterlassungsanspruch geltend macht, dem Vorwurf des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gem. Art. 102 AEUV nur entgehen kann, wenn es nutzungswilligen Unternehmen den Abschluss von Lizenzverträgen unter fairen, vernünftigen und nicht-diskriminierenden Bedingungen anbietet (EuGH v. 16.07.2015, C170/13, ECLI:EU:C:2015:477 – …, Rn. 53 f.). Das ist vorliegend geschehen und auf dieser Grundlage wurde im Jahr 2013 die Lizenzvereinbarung geschlossen.

135 Die Klägerin macht nicht geltend, dass die vereinbarten Lizenzgebühren oder –bedingungen nicht fair oder vernünftig seien; sie stützt sich allein darauf, dass die anschließende Nutzung der Patente durch die Beklagte nicht nicht-diskriminierend sei (Rn. 1385 ff.; Abl. 19 ff.; Rn. 1408 ff.; Abl. 26 f.). Dem liegt ein grundsätzliches Missverständnis zugrunde. Maßgeblich für den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand ist, ob der Marktbeherrscher bereit ist, einen Lizenzvertrag abzuschließen, der seinerseits das nutzungswillige Unternehmen nicht diskriminiert, indem er ihm etwa schlechtere Konditionen auferlegt als anderen Unternehmen. Das ist hier der Fall. Der Lizenzvertrag selbst diskriminiert die Klägerin nicht.

136 Anderes ergibt sich – entgegen der Auffassung der Berufung – auch nicht aus der Abbedingung der Pflicht der Beklagten zur Rechtsverfolgung in Nr. 8.2 der Lizenzvereinbarung. Die Ausschaltung der Rechtsverfolgungspflicht führt nicht ohne weiteres in die Diskriminierung durch den Vertrag.

137 bbb) Die Lizenzvereinbarung wurde auch nicht durch eine nachfolgende kartellrechtswidrige einseitige Verhaltensweise nichtig. In der einseitigen Durchsetzung eines standardessentiellen Patents kann in der Tat unter Umständen eine Diskriminierung von Handelspartnern durch ein marktbeherrschendes Unternehmen erkannt werden. Eine solche nachfolgende Diskriminierung ist dann ggf. rechtswidrig und vermittelt Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz (dazu u.), führt aber nicht zur Nichtigkeit der wirksam geschlossenen Lizenzvereinbarung.

138 ccc) Die Lizenzvereinbarung ist auch nicht gem. §§ 119, 123, 143 BGB nichtig. Selbst wenn in der Rückforderung der Lizenzzahlungen auch eine konkludente Anfechtungserklärung der auf Abschluss der Lizenzvereinbarung gerichteten Willenserklärung erkannt werden könnte, fehlt es am Anfechtungsgrund. Eine Täuschung über die Absicht der Beklagten, ihre Patente gegenüber weiteren Mobilfunknetzbetreibern zu verfolgen, kann nicht angenommen werden. Zwar mag ihr Verhandlungsführer zum Ausdruck gebracht haben, dass die Beklagte die Durchsetzung ihrer Patente gegenüber allen Mobilfunknetzbetreibern auf dem Markt beabsichtige. Es ist aber nicht vorgetragen, dass die Beklagte dies bei Abschluss der Vereinbarung in Wirklichkeit nicht vorgehabt habe. In Ermangelung einer Täuschung ist ein schlichter, darauf bezogener Irrtum der Klägerin (insbesondere über die Erfolgsaussichten eines solchen Vorgehens) ein bloßer Motivirrtum, der sie nicht zur Anfechtung berechtigt.

139 bb) Im Hinblick auf den bestehenden Lizenzvertrag fehlt es aber an einer zum Rücktritt nach § 324 BGB berechtigenden Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB durch die Beklagte, welche das Festhalten am Vertrag für die Klägerin unzumutbar machen würde. Die Klägerin beruft sich im Kern darauf, dass die Beklagte seit 2013 auf dem europäischen Markt mit keinem anderen Mobilfunknetzbetreiber wegen der Anwendung der von ihr gehaltenen Patente vergleichbare Lizenzverträge geschlossen habe.

140 aaa) An dieser Stelle kann offengelassen werden, ob den Geber einer einfachen Lizenz aus dem Lizenzvertrag (ohne weiteres) eine Pflicht trifft, das lizenzierte Recht gegenüber der nicht lizenzierten Drittnutzung zu verteidigen. Maßgeblich ist insoweit, wie bereits das Landgericht hervorgehoben hat, dass die Parteien in dem Lizenzvertrag aus dem Jahr 2013 unter Nr. 8.2 ausdrücklich vereinbart haben, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, mögliche Ansprüche aufgrund einer Verletzung von lizenzierten Patenten gegen Dritte zu verfolgen. Durch diese Regelung sollten gerade Unsicherheiten über die Reichweite vertraglicher Rücksichtnahmepflichten gem. § 241 Abs. 2 BGB beseitigt werden. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Nichtverfolgung bestehender Ansprüche eine Verletzung solcher Pflichten darstelle.

141 bbb) Auch diese unter Nr. 8.2. der Lizenzvereinbarung getroffene Regelung ist wirksam.

142 (1) Die Bestimmung ist keine allgemeine Geschäftsbedingung. Denn es handelt sich nicht um eine Vertragsbedingung, die eine Vertragspartei (hier: die Beklagte) als Verwenderin der anderen Vertragspartei (hier der Klägerin) bei Abschluss eines Vertrags gestellt hätte, § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Selbst wenn es sich um eine für Lizenzvereinbarungen typische Regelung handeln mag, ist der Senat zur persönlichen Gewissheit seiner Mitglieder überzeugt, dass die Regelung zwischen den Parteien individuell vereinbart und im Einzelnen ausgehandelt worden ist, § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB. Dafür ist auch ein gewichtiger Anhaltspunkt, dass die Klägerin unstreitig eine gegenteilige Fassung der Klausel in die Vertragsverhandlungen eingeführt hatte und diese gerade nicht Vertragsbestandteil geworden ist. Dafür spricht weiter insbesondere, dass zum damaligen Zeitpunkt mit der Lizenzvereinbarung ein jahrelanger Streit beendet werden sollte und alle Regelungen der Vereinbarungen mit erheblicher Aufmerksamkeit behandelt wurden. Das gilt auch und gerade für die Frage nach der Gleichbehandlung der Klägerin im Verhältnis zu anderen MNO.

143 (2) Die Unwirksamkeit der Regelung folgt auch nicht einem möglichen Ausbeutungsmissbrauch durch die Beklagte. Richtig ist, dass die Verwendung unzulässiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch marktbeherrschende Unternehmen einen Missbrauch nach der Generalklausel des § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB bzw. Art. 102 Satz 1 AEUV darstellen kann (BGH v. 06.11.2013, KZR 58/11, BGHZ 199, 1 Rn. 65 – …-Gegenwert I; BGH v. 24.01.2017, KZR 47/14, NZKart 2017, 242 Rn. 35 – …-Gegenwert II; BGH v. 23.06.2020, KVR 69/19, BGHZ 226, 67 Rn. 55 – …). Vorliegend kann jedoch gerade nicht auf die Indizwirkung der vertragsrechtlichen Unangemessenheit von Klauseln für ihren missbräuchlichen Charakter zurückgegriffen werden.

144 In der Sache geht es darum, ob das „Abpressen“ einer rechtsgeschäftlichen Erklärung unter Ausnutzung der Marktbeherrschung das Urteil des Wettbewerbsverstoßes trägt. Die höchstrichterliche Praxis, der der erkennende Senat folgt, verlangt hier eine umfassende Würdigung und Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (BGH v. 27.09.1962, KZR 6/61, BGHZ 38, 90, 102 – Treuhandbüro; BGH v. 13.07.2004, KZR 40/02, BGHZ 160, 67, 77 – Standard-Spundfass; BGH v. 07.06.2016, KZR 6/15, BGHZ 210, 292 Rn. 47 – Pechstein/International Skating Union; BGH NZKart 2017, 242 Rn. 35 – …-Gegenwert II; BGH GRUR 2020, 1318 Rn. 98 - …). Diese Interessenabwägung kann immer nur einzelfallbezogen vorgenommen werden (BGH v. 24.01.2017, KZR 2/15, WRP 2017, 707 Rn. 30 – Kabelkanalanlagen I).

145 Gerade das Abfinden mit Geschäftsbedingungen als Folge von Lock-in-Effekten oder sozialer Angewiesenheit auf den Vertragsschluss kann sowohl die Legitimationsmacht des formalen Konsenses entwerten und den missbräuchlichen Charakter begründen als auch die normative Kausalität der Marktbeherrschung für die Ausnutzung herstellen (BGH GRUR 2020, 1318 Rn. 101 ff. – …). Im vorliegenden Fall ist naheliegend, dass die Klägerin im Jahr 2013, um ihre Dienstleistungen rechtssicher erbringen zu können, meinte, auf die Lizenzvereinbarung mit der Beklagten angewiesen zu sein, und sich deshalb letztlich auf die Preisgabe ihrer durchsetzbaren Rechte auf Gleichbehandlung einließ. Der dokumentierte Verhandlungsverlauf legt dies nahe.

146 Gleichwohl erscheint die Regelung in Nr. 8.2 der Lizenzvereinbarung nicht als kartellrechtswidriger Konditionenmissbrauch. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin der Beklagten nach den beiderseitigen wirtschaftlichen Ressourcen keineswegs unterlegen war. Daneben war auch die Rechtsstellung der Klägerin keineswegs aussichtslos. Die Klägerin selbst ging davon aus, die Patente der Beklagten nicht zu verletzen und die Beklagte führte gestützt auf diese Patente zwar zahlreiche Prozesse, tat dies aber keineswegs mit durchweg positivem Ausgang. Weiter ist die Regelung in Nr. 8.2 der Lizenzvereinbarung im Kontext mit anderen Regelungen und nicht zuletzt der Vergütungsvereinbarung zu sehen. Insgesamt ist die Verhandlungsbereitschaft der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt sehr wohl erkennbar. Die Klägerin hätte diese Verhandlungsbereitschaft voraussichtlich auch auf die Frage nach der Gleichbehandlung lenken können. Schließlich ist, worauf sich ebenfalls zutreffend bereits das Landgericht gestützt hat, der Ablauf der Verhandlungen zu beachten: Die Parteien einigten sich zunächst auf die Vertragsbedingungen und erst anschließend über den Preis. Vor diesem Hintergrund verstößt die Regelung in Nr. 8.2 des Lizenzvertrages – selbst eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten auf dem Lizenzmarkt mit relevanten Auswirkungen auf den nachgelagerten Produktmarkt unterstellend – jedenfalls nicht gegen das Missbrauchsverbot.

147 b) Der Rückzahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus einem wirksamen Rücktritt als Folge einer nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung gem. § 323 Abs. 1 BGB.

148 aa) Unabhängig von der in Nr. 8.2 geregelten Pflicht der Verfolgung von Patentverletzungen gegenüber Dritten bestand auch keine vertragliche Pflicht der Beklagten, ihre standardessentiellen Patente auf dem deutschen und europäischen Markt für Mobilfunknetzbetreiber so durchzusetzen, dass im Sinne eines Erfolgs gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt für Mobilfunknetzdienste erhalten bleiben oder hergestellt werden. Dass beide Pflichten – individuelles Vorgehen gegen jeden Verletzer einerseits und Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen andererseits – sich insoweit unterscheiden, haben die Parteien selbst bereits im dargestellten Ablauf der Verhandlungen deutlich gemacht. In den zur Verhandlung gestellten „Terms“ wurde ausdrücklich zwischen „no obligation to prosecute the IPR“ und der „obligation to enforce IPR against DT competitors“ unterschieden.

149 Eine solche weitergehende Leistungspflicht über die Einräumung von Nutzungsrechten an den lizensierten Schutzrechten hinaus wurde aber nicht vereinbart. Die von der Klägerin angestrebte Regelung, wonach die Beklagte verpflichtet sein solle, von allen verfügbaren rechtlichen Mitteln Gebrauch zu machen, um sicherzustellen, dass die Mitbewerber der Klägerin denselben oder einen höheren Betrag zu entrichten hätten, um einen fairen Wettbewerb zu erleichtern, haben die Parteien eben gerade nicht vereinbart. Auch die Äußerung des Verhandlungsführers der Beklagten, dass die Beklagte nach Abschluss des Lizenzvertrags mit der Klägerin beabsichtige, andere MNOs entsprechend zu lizenzieren (nach Überzeugung des Senats gemeint: zum Abschluss eines Lizenzvertrags zu motivieren), genügt nicht, um angesichts ihres unstreitigen beschränkten Inhalts (die Beklagte „beabsichtige“) und der aus langen Verhandlungen resultierenden konkreten Vereinbarungen, in denen eine solche Pflicht gerade nicht enthalten war, eine durchsetzbare Pflicht nicht nur zum Tätigwerden, sondern – wie die Klägerin annimmt – sogar zur Herbeiführung des Erfolges in Gestalt des Abschlusses von Lizenzverträgen oder gar der Herstellung bestimmter Marktverhältnisse zu begründen.

150 c) Der Rückzahlungsanspruch kann auch nicht als Folge einer Störung oder gar eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage auf die §§ 313 Abs. 3, 346 BGB gestützt werden. Bei der Lizenzvereinbarung handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, weshalb gem. § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB allenfalls eine ex nunc wirkende Kündigung in Betracht kommt.

151 d) Selbst eine solche Kündigung ist aber nach dem dem Senat vorliegenden Streitstand ausgeschlossen. Eine außerordentliche Kündigung gem. § 314 BGB kommt nicht in Betracht, weil die die Klägerin im Wettbewerb behindernde nachvertragliche Nichtdurchsetzung der lizenzierten Patente auf der Grundlage der wirksamen Regelung in Nr. 8.2 der Lizenzvereinbarung zulässig war. Zwar knüpft die für die außerordentliche Kündigung nach § 314 BGB vorausgesetzte Unzumutbarkeit nicht notwendigerweise an eine Vertragspflichtverletzung an. Im vorliegenden Fall wurde der Umstand, an den die Klägerin die Unzumutbarkeit knüpft, durch ihre ausdrückliche Billigung in Nr. 8.2 der Lizenzvereinbarung aber sehenden Auges in Kauf genommen. Aus demselben Grund ist eine Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1, 3 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die diskriminierungsfreie Durchsetzung der lizenzierten Patente durch die Beklagte mag die Grundlage der zwischen den Parteien geschlossenen Lizenzvereinbarung gebildet haben. Allerdings hat die Klägerin durch die Regelung in Nr. 8.2 der Lizenzvereinbarung das Risiko übernommen, dass es nicht erfolgreich zu einer solchen diskriminierungsfreien Patentdurchsetzung kommen werde. Gerade auch auf der Grundlage dieser Risikoübernahme haben sich die Parteien anschließend auf die Höhe der Lizenzgebühren geeinigt.

152 e) Weil die Lizenzvereinbarung wirksam geschlossen wurde und nach wie vor wirksam ist, scheiden Rückzahlungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 2 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) aus. Die Beklagte hat die Ansprüche auf Lizenzzahlung und die zu deren Erfüllung geleisteten Geldbeträge deshalb nicht ohne rechtlichen Grund erlangt.

153 f) Auch ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BGB (Zweckverfehlungskondiktion) besteht nicht. Ihm stünde die wirksame Lizenzvereinbarung zwar nicht entgegen, wenn ein mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckter Erfolg nicht eingetreten ist. Der Kern der Argumentation der Klägerin geht dahin, dass es ihr – über die Erfüllung des Lizenzvertrages als Austauschvertrag hinausgehend – auf die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle Mobilfunknetzwerkbetreiber in Deutschland und Europa angekommen sei. Dieser von ihr mit ihrer Leistung bezweckte weitere Erfolg sei aber nicht eingetreten.

154 Der in § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB angesprochene bezweckte Erfolg muss über die Erfüllung der Verbindlichkeit hinausgehen. Konkret könnte ein solcher Erfolg grundsätzlich in der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für die Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland und Europa durch die flächendeckende Lizenzierung der standardessentiellen Patente unter FRAND-Bedingungen liegen.

155 Diesbezüglich bedarf es jedoch einer tatsächlichen Einigung der Parteien über diesen mit der Leistung bezweckten weiteren Erfolg, ohne dass darin eine vertragliche Bedingung gem. § 158 BGB oder ein erzwingbares Leistungselement zu erkennen ist. Wie bereits oben (c) ausgeführt, hat sich die Beklagte der Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent verpflichtet, gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt für Mobilfunknetzdienstleistungen durch die Lizenzierung ihrer Patente gegenüber zumindest einem Großteil der Mobilfunknetzbetreiber herzustellen.

156 Einseitige Erwartungen werden demgegenüber nicht geschützt; es bedarf vielmehr eines vereinbarten Zwecks im Sinne einer Willensübereinstimmung (BGH v. 18.02.2009, XII ZR 163/07, NJW-RR 2009, 1142 Rn. 15). Allerdings hat der Bundesgerichtshof bereits formuliert, dass es dafür in bestimmten Konstellationen genügen könne, wenn eine Partei die Vorstellung der anderen Partei erkenne und die Leistung entgegennehme, ohne dieser Vorstellung zu widersprechen (BGH v. 29.11.1965, VII ZR 214/63, BGHZ 44, 321 [Errichtung eines Anbaus durch den Kläger, weil Erblasserin versprochen habe, ihm das Grundstück zu vermachen]; BGH v. 12.07.1989, VIII ZR 286/88, BGHZ 108, 256, juris-Rn. 27 [Aufwendungen des Klägers auf die Mietsache in der Erwartung, seine Ehefrau werde dieses erben]; BGH v. 02.10.1991, XII ZR 145/90, BGHZ 115, 261, 263 [Sach- und Arbeitsleistung von Verlobten zur Errichtung eines Familienheims; obiter]; BGH NJW-RR 2009, 1142 Rn. 15 [Zahlung für den Erwerb eines Erbbaurechts durch den anderen Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft]).

157 Der Senat geht dennoch nicht von dem Bestehen eines Kondiktionsanspruchs aus. Die oben genannten Aussagen des Bundesgerichtshofs, wonach es für die Vereinbarung eines Erfolges genüge, wenn eine Partei die Vorstellung der anderen Partei erkenne und die Leistung entgegennehme, ohne dieser Vorstellung zu widersprechen, sind jedenfalls in den Fällen der sog. Zweckstaffelung nicht verallgemeinerungsfähig. Tatsächlich ging es in BGH v. 29.11.1965 (VII ZR 214/63, BGHZ 44, 321) sowie BGH v. 12.07.1989 (VIII ZR 286/88, BGHZ 108, 256) um einseitige nicht geschuldete Leistungen (Errichtung eines Ladens bzw. Baumaßnahmen am fremden Grundstück in Erwartung letztwilliger Begünstigung); in BGH v. 02.10.1991 (XII ZR 145/90, BGHZ 115, 261, 263 [obiter]) sowie BGH v. 18.02.2009 (XII ZR 163/07, NJW-RR 2009, 1142 Rn. 15) wurde die Kondiktion ohnehin abgelehnt.

158 An das Vereinbarungselement sind bezüglich des weiteren Erfolges gem. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB nicht allein die allgemeinen Anforderungen der Rechtsgeschäftslehre betreffend das „ob“ einer Willensübereinstimmung zu prüfen (MüKo-BGB/Schwab, 8. Aufl., 2020, § 812 Rn. 471), sondern in Fällen der Zweckstaffelung auch Anforderungen betreffend den Gegenstand der Abrede zu stellen. Bei der Zweckverfehlungskondiktion bildet die Erreichung des weitergehenden Erfolges die Causa für das Behaltendürfen der Leistung. Die Anerkennung der Kondiktion ist eine Konsequenz der Privatautonomie (ähnlich MüKo-BGB/Schwab, 8. Aufl., 2020, § 812 Rn. 469). Die Parteien sollen es in der Hand haben, Verträge auch so zu schließen, dass spezifische Erfolge zwar nicht geschuldet werden (in diesem Sinne sprachen Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 3 a, S. 152, von einem unvollkommen synallagmatischen Vertrag), aber der Gläubiger dadurch vor einem wirtschaftlichen Fehlschlag geschützt wird, dass dem Schuldner bei Nichterreichung des Erfolges die erbrachte Leistung nicht zusteht, d.h. der Schuldner das wirtschaftliche Risiko der Erfolgsbewirkung übernimmt.

159 Vor diesem Hintergrund muss die Willensübereinstimmung sich bei Austauschverträgen im Hinblick auf die Vereinbarung eines weitergehenden Zwecks nicht allein auf den bezweckten Erfolg beziehen, sondern auch das Element der Risikoübernahme umfassen. Zu Recht hat der Bundesgerichtshof daher in Fällen, in denen bei gegenseitigen Verträgen neben den unmittelbaren Austauschzweck eine – durchaus dem Leistungsempfänger bekannte – weitergehende Erwartung des Leistenden tritt, den Anwendungsbereich der Zweckverfehlungskondiktion zunehmend eng definiert (BGH v. 14.05.1991, X ZR 2/90, NJW-RR 1991, 1269; BGH v. 17.06.1992, XII ZR 253/90, NJW 1992, 2690, juris-Rn. 6 ff.). Die ältere Rechtsprechung des Reichsgerichts (ausf. Nachw. noch bei Erman/Buck-Heeb, BGB, 13. Aufl., 2011, § 812 Rn. 51) wurde damit zumindest praktisch überholt.

160 Die zutreffende Begründung dafür ist im Erfordernis der Rechtsgrundabrede zu erkennen. Die Rechtsgrundabrede umfasst das beiderseitige Verständnis, dass – trotz der Wirksamkeit des Austauschvertrages und der Erfüllung der daraus entspringenden beiderseitigen Vertragspflichten – allein die Erreichung des weitergehenden Erfolgs den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistung durch den Empfänger bildet (so bereits Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 3 a, S. 152).

161 An einer solchen Rechtsgrundabrede fehlt es im vorliegenden Fall. Der Äußerung des Verhandlungsführers der Beklagten, dass die Beklagte nach Abschluss des Lizenzvertrags mit der Klägerin beabsichtige, andere MNOs entsprechend zu lizenzieren, kann nicht nur keine diesbezügliche Verpflichtung entnommen werden (vgl. dazu o.), sondern es ist auch ausgeschlossen, darin eine Übernahme des wirtschaftlichen Risikos des Fehl-schlagens solcher Lizenzierungsbemühungen zu erkennen.

162 g) Schließlich werden die geltend gemachten Ansprüche auch nicht durch § 33a GWB getragen. Die einseitige Durchsetzung standardessentieller Patente kann zwar eine verbotene Diskriminierung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen begründen, wenn keine Rechtfertigung für die einseitige Durchsetzung besteht. Die Berufung weist auch zu Recht darauf hin, dass kartellrechtliche Verhaltensnormen als solche nicht der Dispositionsfreiheit der Parteien unterliegen. Das folgt bereits aus dem Umstand, dass die kartellrechtlichen Verhaltensnormen – historisch sogar an erster Stelle – das Allgemeininteresse an freiem Wettbewerb schützen. Vor diesem Hintergrund bleiben kartellrechtliche Schadensersatzansprüche, die auf § 33a GWB i.V.m. Art. 102 AEUV bzw. § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB beruhen, im Grundsatz von der Begründung oder Nichtbegründung von Vertragspflichten unberührt.

163 aa) Allerdings wirkt die Haftungsbefreiung in Nr. 8.2 der Lizenzvereinbarung sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch im Rahmen des gesetzlichen Anspruchs der Klägerin auf Kartellschadensersatz aus. Die der Beklagten vorgeworfene Diskriminierung der Klägerin resultiert aus der nicht erfolgreichen Verfolgung ihrer Ansprüche aus den lizenzierten Patenten gegenüber Dritten. Insoweit hat die Klägerin aber in der Lizenzvereinbarung gerade auf eine durchsetzbare Ausgestaltung verzichtet und dieser Verzicht – dogmatisch handelt es sich um einen aufgrund der Privatautonomie auch bei gesetzlichen Pflichten stets möglichen antizipierten Erlassvertrag gem. § 397 BGB bezüglich der Folgeansprüche – wird seinerseits nicht durch einen Konditionenmissbrauch entwertet (vgl. o.).

164 Die vertragliche Enthaftung der Beklagten bezieht sich deshalb nicht allein auf die Nebenpflichten aus der Lizenzvereinbarung gem. § 241 Abs. 2 BGB, sondern auch auf die ideal konkurrierenden Jedermannspflichten des (kartellrechtlichen) Deliktsrechts. Wenngleich die Klägerin als Nachfragerin nach Lizenzen die Beklagte als (unterstellt) marktbeherrschende oder jedenfalls marktstarke Anbieterin solcher Nutzungsrechte weder von ihrer besonderen Verantwortung noch von dem an sie gerichteten Gleichbehandlungsgebot befreien konnte, hat sie doch, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, mit der Befreiung der Beklagten von einer im Fall ihrer schuldhaften Verletzung Schadensersatzansprüche begründenden Pflicht zur Rechtsdurchsetzung zugleich auf eigene kartelldeliktsrechtliche Schadensersatzansprüche verzichtet. Eine andere Deutung nähme der vertraglichen Regelung in Nr. 8.2 jeglichen sinnvollen Gehalt und ist daher mit einem allgemeinen Auslegungsgrundsatz nicht vereinbar.

165 Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gingen nämlich beide Parteien davon aus, dass die Beklagte Inhaberin von standardessentiellen Patenten und damit Beherrscherin des abgeleiteten Marktes für den Zugang zu dieser Technologie sein konnte. Allein die Unsicherheit über die Verletzung der standardessentiellen Patente durch die Klägerin und den Rechtsbestand dieser Schutzrechte bildete den Hintergrund des Abschlusses der Lizenzvereinbarung. Auch die kartellrechtlichen Folgen dieser Marktbeherrschung durch standardessentielle Patente, nämlich das für den Fall der Marktbeherrschung resultierende Diskriminierungsverbot, waren beiden Parteien bekannt. Ein Fortbestand der Pflichten aus Art. 102 AEUV bzw. § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB inter partes hätte die Entpflichtung der Beklagten in Nr. 8.2 der Lizenzvereinbarung praktisch sinnlos gemacht. Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin bereits aus diesem Grund keinen kartellrechtlichen Schadensersatzanspruch darauf stützen, dass die Beklagte die lizenzierten Patente im Ergebnis nicht gleichförmig durchgesetzt hat.

166 bb) Im Übrigen würde – selbst eine verbotene Diskriminierung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen unterstellend – die nachvertragliche einseitige Durchsetzung der Patente der Beklagten zulasten der Klägerin nicht zu einem Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe der mit der Klage verfolgten gezahlten Lizenzgebühren führen. Es fehlt insoweit am Pflichtwidrigkeitszusammenhang. Hätte die Beklagte sich so verhalten, wie es die Klägerin als kartellrechtskonform fordert und die lizenzierten Patente auch gegenüber anderen Mobilfunknetzbetreibern mit dem Erfolg der Herstellung gleicher Marktbedingungen für alle Nachfrager von Lizenzen und Betreiber von Mobilfunknetzwerken durchgesetzt, so hätte die Klägerin ebenso die vereinbarten Lizenzgebühren entrichten müssen.

167 Tatsächlich stützt die Klägerin sich auch vornehmlich auf den Schaden, den sie im Wettbewerb dadurch erleidet, dass sie als einzige Anbieterin von Mobilfunkdienstleistungen auf dem deutschen Markt mit den an die Beklagte zu zahlenden Lizenzgebühren belastet wird und dadurch im Wettbewerb benachteiligt ist. Dieser Wettbewerbsnachteil ist aber keineswegs identisch mit den Lizenzgebühren. Selbst wenn die Klägerin die einzige Mobilfunknetzbetreiberin ist, die mit den Lizenzgebühren belastet wird, ist ihr dadurch entstehender Wettbewerbsnachteil von vielen anderen Faktoren abhängig und nicht identisch mit den gezahlten Lizenzgebühren.

168 cc) Der – in der mündlichen Verhandlung betonten – von der Klägerin vertretenen Ansicht, die Beklagte sei gesetzlich nicht nur zur Geltendmachung ihrer technischen Schutzrechte gegen alle relevanten Mobilfunkbetreiber verpflichtet, sondern sie treffe als Marktbeherrscherin eine Marktverantwortung für die erfolgreiche Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für die auf dem nachgelagerten Produkt- und Dienstleistungsmarkt konkurrierenden Nachfrager von Lizenzen an Standardessentiellen Patenten, die sie verpflichte, im hier gegebenen Fall – ggf. bis auf null – auf die von der Klägerin geschuldeten Lizenzgebührenansprüche zu verzichten und bereits gezahlte Lizenzgebühren zurückzuzahlen, vermag der Senat nicht zu teilen. Der Inhaber eines standardessentiellen Patents ist verpflichtet, dieses zu fairen, vernünftigen und nichtdiskriminierenden Bedingungen an jeden Nachfrager zu lizensieren. Dabei kann offenbleiben, ob sich diese Pflicht aus Kartellrecht oder (ggf. auch) aus seiner sog. FRAND-Erklärung ergibt. Er mag hieraus auch verpflichtet sein, bei dem Ob der Geltendmachung und den von ihm geforderten Lizenzbedingungen nichtdiskriminierend (nicht notwendig identisch) vorzugehen. Ihn trifft aber keine Handlungspflicht – gleichsam als Betreuer des nachgelagerten Marktes – seine eigenen wirtschaftlichen Interessen (völlig) hintanzustellen. Ebenso trifft ihn erst recht keine rechtlich begründete Erfolgshaftung dafür, dass seine Bemühungen, die Schutzrechte durchzusetzen, bei jedem Marktteilnehmer zu demselben oder jedenfalls zu einem in den wirtschaftlichen Auswirkungen gleichen Ergebnis führen. Dass die von der Beklagten unternommenen, vom Landgericht unbeanstandet festgestellten rechtlichen Maßnahmen insbesondere gegenüber … und … ungeeignet gewesen wären, diese zur Lizenznahme zu motivieren oder mit Hilfe der Unterlassungsansprüche aus Wettbewerber der Klägerin auszuschalten, ist nicht mit Substanz vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

169 Angesichts des allgemeinkundigen Ziels aller wirtschaftlich vernünftig handelnden SEPInhaber, alle ihre Schutzrechte des gesamten Portfolios weltweit zu lizenzieren, kann die Klägerin auch nichts für ihre Rechtsposition daraus herleiten, dass die Beklagte gegen wichtige Wettbewerber der Klägerin (vornehmlich) im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten vorgegangen ist. Ebenso überzeugt den langjährig mit zahlreichen Patentverletzungsprozessen mit FRAND-Aspekten befassten und daher vertrauten Senat nicht, dass die Beklagte dabei gegen die Wettbewerber in Rechtsstreiten vor deutschen Gerichten in erster Linie auf Endgeräte und nicht Netzwerkkomponenten oder –verfahren betreffende Teile ihres Portfolios gesetzt haben mag. Angesichts des gerichtskundigen Umstands, dass der Zugang zu Mobilfunknetzen (durch „Handy-Verträge“) in der Regel gebündelt mit dem Vertrieb von Mobilfunkendgeräten („Handys“) erfolgt, fehlte einer solchen Strategie im Fall der Verletzung und des Rechtsbestands nicht die Aussicht auf Erfolg.

170 2. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

171 Die Revision war nicht zuzulassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Die im konkreten Fall zu beurteilenden Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.